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Was ist Primärprävention nach §20 SGB V?

Primärprävention bezieht sich auf Maßnahmen, die dazu dienen, das Auftreten von Krankheiten zu verhindern oder zu verzögern, indem Risikofaktoren und Ursachen von Erkrankungen bekämpft werden.

Gemäß den Paragraphen 20 bis 24 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) in Deutschland liegt der Fokus auf der Erhaltung der allgemeinen Gesundheit und der Vorbeugung von Krankheiten, bevor eine Krankheit oder Schädigung auftritt.

Diese Art der Prävention ist für jeden gesunden Menschen relevant und umfasst beispielsweise die Aufklärung über Risikofaktoren und gesundheitsfördernde Maßnahmen.

Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention

Im Gesundheitswesen werden Präventionsmaßnahmen in drei Kategorien eingeteilt:

  1. Primärprävention
    Wie bereits erläutert, zielt die Primärprävention darauf ab, Krankheiten zu verhindern oder zu verzögern.
  2. Sekundärprävention
    Die 2.    Sekundärprävention konzentriert sich auf die frühzeitige Erkennung einer Krankheit und darauf, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Sekundärprävention richtet sich an Menschen, die bereits erkrankt sind und an ihrer Genesung arbeiten möchten.
  3. Tertiärprävention
    Bei der Tertiärprävention geht es um die Verhinderung von Komplikationen und Folgeschäden bei einer bereits bestehenden Erkrankung. Das Ziel ist, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Bedeutung der Primärprävention nach §20 SGB V

Primärprävention ist von entscheidender Bedeutung, da viele Erkrankungen, die durch ungesunde Lebensstile wie Tabak- oder Alkoholkonsum, Bewegungsmangel oder unausgewogene Ernährung verursacht werden, schwer zu behandeln sein können.

Studien zeigen, dass Änderungen im Lebensstil das Erkrankungsrisiko erheblich senken können. Der §20 SGB V fördert Präventionskurse, um die Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten und sozialen oder persönlichen Ungleichheiten entgegenzuwirken.

Das Zertifizierungsverfahren

Die zentrale Prüfstelle für Prävention

Die zentrale Prüfstelle für Prävention ist eine Institution, die Präventionskurse nach §20 SGB V prüft.

Wenn ein Kurs die festgelegten Voraussetzungen erfüllt, wird er von der zentralen Prüfstelle zertifiziert.

Diese Prüfstelle ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Krankenkassen.

Das Prüfsiegel “Deutscher Standard Prävention”

Kurse, die die Kriterien der Primärprävention gemäß §20 SGB V erfüllen, erhalten von der zentralen Prüfstelle das Prüfsiegel “Deutscher Standard Prävention”.

Dieses Siegel basiert auf den Kriterien, die im Leitfaden für Prävention des GKV-Spitzenverbands festgelegt sind und wird von allen beteiligten Krankenkassen anerkannt.

Der Leitfaden zur Primärprävention

Der Leitfaden zur Primärprävention enthält alle Anforderungen für die Zertifizierung eines Kurses nach §20 SGB V. Er wird vom GKV-Spitzenverband herausgegeben und regelmäßig aktualisiert.

Vorteile und Anforderungen der Zertifizierung

Vorteile der Zertifizierung

Die Zertifizierung bietet viele Vorteile, wie eine Vereinfachung des Prüfverfahrens für Kursanbieter und eine einheitliche Akzeptanz der Prüfergebnisse durch alle Krankenkassen.

Es ist nur eine Prüfung pro Kurs erforderlich, und es gibt eine gemeinsame Datenbank, in der Kassenpatienten zugelassene Kurse leicht finden können.

Anforderungen an zertifizierbare Kurse

Kurse, die für die Zertifizierung in Frage kommen, müssen aus einem der vier von den Krankenkassen definierten Handlungsfelder stammen:

  1. Bewegung/Sport
  2. Entspannung und Stressbewältigung
  3. Ernährung
  4. Suchtmittelkonsum

Jedes Handlungsfeld zielt auf zwei spezifische Präventionsziele ab.

Zudem müssen die Kurse konkret definiert sein und einem Kursleiter zugeordnet werden.

Präventionskurse für spezielle Zielgruppen

Präventionskurse müssen sich an bestimmte Zielgruppen richten, wie zum Beispiel ältere Menschen, Menschen mit bestimmten Risikofaktoren oder spezifische Berufsgruppen mit besonderen Belastungen.

Durch die gezielte Ausrichtung auf die Bedürfnisse dieser Gruppen können Präventionsmaßnahmen effektiver gestaltet werden.

Voraussetzungen für eine Zertifizierung

Um für die Zertifizierung in Frage zu kommen, müssen Kursleiter eine entsprechende Grundausbildung besitzen.

Der GKV-Leitfaden gibt Auskunft über die erforderlichen Grundausbildungen. Zusätzlich ist eine Zusatzqualifikation im jeweiligen Handlungsfeld erforderlich.

Der Kurs sollte zwischen 8-12 Einheiten umfassen, 45-90 Minuten dauern, 1-2 mal wöchentlich stattfinden und maximal 15 Teilnehmer inkludieren.

Erforderliche Qualifikation der Kursleiter

Ab dem 1. Oktober 2020 wurden die Anforderungen an die Qualifikationen von Kursanbietern aktualisiert. Statt sich ausschließlich auf berufliche Abschlüsse zu konzentrieren, liegt der Fokus nun auf der Erfüllung fachlicher Mindeststandards.

Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass auch Aus- und Weiterbildungen berücksichtigt werden können, die nicht unbedingt eine Grundqualifikation darstellen. Wenn Kursanbieter nachweisen können, dass sie die fachlichen Mindeststandards vollständig erfüllen, können sie dennoch als qualifizierte Anbieter anerkannt werden.

Durch diese Änderung wird das Spektrum der qualifizierten Kursanbieter erweitert und es ermöglicht Personen mit relevantem Fachwissen, aber ohne formale Grundqualifikation, Präventionskurse anzubieten, die von Krankenkassen anerkannt werden.

Anerkannte Grundausbildung

Erfahrungsgemäß ist das Antragsverfahren aber mit einer staatlich anerkannten Grundausbildung einfacher und häufiger erfolgreich.

Um Präventionskurse nach §20 anzubieten und diese mit der Krankenkasse abzurechnen, sind bestimmte staatlich anerkannte akademische oder berufliche Qualifikation offiziell anerkannt.

Zudem wird die Teilnahme an einer speziellen Schulung für §20 Präventionskurse von der ZPP erfragt, welche Fachwissen zu Kursinhalten, Gruppentraining und Abrechnungsprozessen vermittelt.

Nachfolgend sind die Berechtigten für verschiedene Maßnahmenbereiche aufgeführt:

Fachgebiet Entspannung:

  • Sportwissenschaftlern
  • Sport- und Gymnastiklehrern
  • Physiotherapeuten
  • Krankengymnasten
  • Ergotherapeuten
  • Erziehern
  • Gesundheitspädagogen
  • Heilpädagogen

Fachgebiet Stressbewältigung:

  • Psychologen
  • Pädagogen
  • Sozialpädagogen/Sozialarbeitern
  • Sozialwissenschaftlern
  • Gesundheitswissenschaftlern
  • Ärzten

Fachgebiet Förderung von Bewegungsgewohnheiten:

  • Sportwissenschaftlern
  • Krankengymnasten
  • Physiotherapeuten
  • Sport- und Gymnastiklehrern
  • Ärzten

Rückentraining kann angeboten werden von:

  • Sportwissenschaftlern
  • Krankengymnasten
  • Physiotherapeuten
  • Sport- und Gymnastiklehrern
  • Ärzten

Fachgebiet Ernährung:

  • Diätassistenten
  • Oecotrophologen
  • Ernährungswissenschaftlern
  • Diplom-Ingenieuren für Ernährungs- und Hygienetechnik mit Schwerpunkt „Ernährungstechnik“
  • Diplom-Ingenieuren für Ernährung und Versorgungsmanagement mit Schwerpunkt „Ernährung“
  • Bachelor- und Masterabsolventen anderer Studiengänge, die gemäß den DGE-Zulassungskriterien anerkannt sind
  • Ärzten mit gültigem Fortbildungsnachweis gemäß Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer (BÄK)

Ausnahmen bei der Zertifizierung

Kurse zur betrieblichen Gesundheitsförderung oder Leistungen von Schulen und Kindergärten können nicht nach §20 SGB V Primärprävention zertifiziert werden.

Antrag auf Zertifizierung bei der ZPP

Um einen Präventionskurs nach §20 SGB V zertifizieren zu lassen, müssen Kursanbieter einen Antrag bei der Zentralen Prüfstelle für Prävention (ZPP) stellen.

Der Antrag kann in der Regel online über das Portal der Zentralen Prüfstelle eingereicht werden.

Dabei sind folgende Schritte zu beachten:

  1. Registrierung: Kursanbieter müssen sich zuerst auf dem Portal der Zentralen Prüfstelle registrieren.
  2. Einreichung von Unterlagen: Kursanbieter müssen die erforderlichen Unterlagen, wie Nachweise über ihre Grundausbildung, Zusatzqualifikationen, Konzept des Kurses, etc. einreichen.
  3. Prüfung: Nach Einreichung des Antrags prüft die Zentrale Prüfstelle, ob der Kurs den Anforderungen des GKV-Leitfadens entspricht.
  4. Zertifizierung: Wenn der Kurs die Kriterien erfüllt, erhält der Kursanbieter eine Zertifizierung, die in der Regel für drei Jahre gültig ist.
  5. Verlängerung: Nach Ablauf der Gültigkeit kann die Zertifizierung verlängert werden, sofern die Kriterien weiterhin erfüllt sind.

Welche Krankenkassen kooperieren mit der ZPP?

Die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) wird von folgenden Krankenkassen innerhalb der Kooperationsgemeinschaft für eine Kostenübernahme herangezogen:

Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK), einschließlich:

  • AOK Bayern
  • AOK Bremen/Bremerhaven
  • AOK Hessen
  • AOK Niedersachsen
  • AOK Nordost
  • AOK NordWest
  • AOK Rheinland/Hamburg
  • AOK Rheinland-Pfalz/Saarland
  • AOK Sachsen-Anhalt

Ersatzkassen, darunter:

  • Barmer
  • DAK-Gesundheit
  • Techniker Krankenkasse (TK)
  • Kaufmännische Krankenkasse (KKH)
  • Hanseatische Krankenkasse (HEK)
  • Handelskrankenkasse (hkk)

Betriebskrankenkassen, die hauptsächlich durch den BKK Dachverband e.V. vertreten sind.

Innungskrankenkassen wie zum Beispiel:

  • IKK classic
  • IKK Südwest
  • IKK Brandenburg und Berlin (IKK BB)
  • IKK gesund plus
  • BIG direkt gesund

Zudem:

  • Knappschaft
  • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)

Diese Krankenkassen beziehen sich bei der Kostenübernahme von Präventionskursen auf die ZPP und nutzen deren Zertifizierungen und Prüfverfahren.

Erstattung durch Krankenkassen

Nachdem ein Kurs nach §20 SGB V zertifiziert wurde, können die Teilnehmer die Kosten für den Kurs teilweise von ihrer Krankenkasse erstattet bekommen.

Die genauen Konditionen können je nach Krankenkasse variieren, aber in der Regel erstatten Krankenkassen bis zu 80% der Kursgebühren für zwei zertifizierte Präventionskurse pro Jahr.

Nutzen von Primärpräventionsmaßnahmen

Förderung von Gesundheitskompetenz

Eines der Ziele der Primärprävention ist es, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken. Durch Präventionskurse lernen die Teilnehmer, wie sie ihre Gesundheit durch geeignete Maßnahmen aktiv fördern können.

Dies umfasst nicht nur körperliche Aktivitäten, sondern auch das Erlangen von Wissen über gesunde Ernährung, Stressbewältigung und den verantwortungsvollen Umgang mit Suchtmitteln.

Wirtschaftlicher Nutzen

Präventionsmaßnahmen haben auch einen wirtschaftlichen Nutzen. Durch die Vorbeugung von Krankheiten können langfristig Kosten im Gesundheitssystem gesenkt werden.

Die Investition in Präventionsmaßnahmen kann somit als eine Investition in die Gesundheit der Bevölkerung und in die Kosteneffizienz des Gesundheitssystems gesehen werden.

Fazit

Die Zertifizierung von Präventionskursen nach §20 SGB V ist ein wichtiger Schritt, um die Qualität und Effektivität von Präventionsmaßnahmen in Deutschland zu gewährleisten.

Durch die Zertifizierung wird sichergestellt, dass die Kurse den Anforderungen des GKV-Leitfadens entsprechen und somit einen Mehrwert für die Gesundheit der Bevölkerung darstellen.

Zudem ermöglicht die Zertifizierung, dass Teilnehmer die Kosten für den Kurs von ihrer Krankenkasse erstattet bekommen können, was die Teilnahme an solchen Kursen für viele Menschen attraktiver macht.

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